Eintracht Frankfurt: Mit Philip Holzer endet im Aufsichtsrat keine Ära (2024)

Sieben Wochen sind vergangen, seit die Eintracht in der Bundesliga letztmals zum Einsatz kam und sich mit einem Resultat vom Publikum verabschiedete, das den Sommer-Frieden rettete. Mit dem 2:2 gegen Leipzig sicherte das Fußballteam den sechsten Platz und die damit verbundene Qualifikation für die Europa League, in der es von September an wieder zur Sache gehen wird. Überlagert wurde der finale Auftritt der trotz allem nur bedingt überzeugenden Saison von einer Personalentscheidung an der Spitze des Großklubs, die Minuten nach Abpfiff publik wurde und nun ihre Konsequenzen nach sich zieht: Philip Holzer, der bisherige Vorsitzende des Aufsichtsrats, wird wie Mitte Mai angekündigt auf der Sitzung des Gremiums an diesem Freitagnachmittag am Eintracht-Campus aus dem Amt scheiden.

Mit ihm verlassen sein Freund und Geschäftspartner Stephen Orenstein sowie Dieter Burkert das neunköpfige Kontrollorgan, dem darüber hinaus aktuell Mathias Beck, Hans-Dieter Brenner, Sven Janssen, Claudio Montanini, Moritz Theimann und Felix Wirmer angehören. Der 52 Jahre alte Beck, seit Januar Vorsitzender des Vereins Eintracht Frankfurt will die Nachfolge Holzers antreten; mit 67,89 Prozent der Anteile ist der Verein größter Anteilseigner der Eintracht Frankfurt Fußball AG.

Der frühere Immobilienunternehmer Beck bekräftigte sein Verständnis von Führungsanspruch, in dem er nicht lange zögerte und beherzt die Chance ergriff, nachdem Holzer ihm in einem Vieraugengespräch erklärt hatte, dass er sich zwölf Monate vor dem eigentlich terminierten Ende seiner Amtszeit zurückziehen wird. Andernfalls hätte Holzer damit rechnen müssen, dass es zu einer Kampfabstimmung um den prestigeträchtigen Posten gekommen wäre, bei der er sich einer Mehrheit nicht sicher hätte sein können. Becks Wahl gilt als Formsache. Holzer, der ehemalige Investmentbanker von Goldman Sachs, wurde unlängst zum ersten Mal Vater; er, auch das trug zu seinem Entschluss bei, möchte in Zukunft mehr Zeit mit der Familie verbringen.

Kompetenzstreit soll „keinen Einfluss“ gehabt haben

Der Kompetenzstreit mit Vorstandssprecher Axel Hellmann aus dem Frühjahr 2023 habe „keinen Einfluss“ besessen, sagte der 58-Jährige der „Bild“. Er gehe „nicht im Groll“ auf Hellmann, ließ er wissen, vielmehr äußerte er „Respekt“ vor dem Eintracht-Chefstrategen. Als Aspirant auf einen der frei werdenden Posten gilt Hans Nolte. Der Eigner einer Geschäftsflugzeuglinie aus Dreieich sponsorte ehedem als Mäzen die SC Hessen Dreieich so großzügig, dass sie bis in die Regionalliga vorstieß, ehe er 2022 ankündigte, „den Gürtel enger zu schnallen“ und die Mannschaft aus der Hessenliga abzumelden – sie machte so den Weg frei für den Wiedereinstieg der zweiten Eintracht-Mannschaft in den Spielbetrieb.

Innerhalb der nächsten Monate stehen für die Eintracht wichtige Weichenstellungen an. Unter anderem wird ein Ersatz für Finanzvorstand Oliver Frankenbach benötigt, der Mitte 2025 abtritt. Als Kandidat mit Stallgeruch, der ihm nachfolgen könnte, wird Julien Zamberk gehandelt. Der 36-Jährige ist Geschäftsführer der Stadiongesellschaft und arbeitete in der Vergangenheit als Assistent von Hellmann, der als sein Mentor gilt. Holzer sagte, es sei eine „logische Konsequenz“, dass nötige Beschlüsse von einem „Personenkreis getroffen und gestaltet werden“, die fortan in der Verantwortung stehen. Für ihn sei die Zeit gekommen, „den Staffelstab“ zu übergeben.

Wichtige Stütze in der Corona-Krise

Er selbst gehörte 14 Jahre dem Aufsichtsrat an, seit 2020 in herausgehobener Funktion. Dass die Eintracht mit einem blauen Auge durch die Corona-Krise kam, war maßgeblich seinem Engagement zu verdanken. Holzer und Orenstein, die beide als Aktionäre mit der GmbH „Freunde des Adlers“ Mitspracherecht in der AG besitzen, hatten ihren durch die Zahlung von 15 Millionen Euro 2019 erworbenen Anteil im Zuge einer weiteren Eigenkapitalerhöhung im April 2021 auf 16,81 Prozent erhöht; damals kam mit dem Finanzunternehmer Sven Janssen, der die „Herzschlag Eintracht GmbH“ vertritt, ein weiterer Aktionär hinzu, der sich 5,0 Prozent der Aktien sicherte und nun Becks Stellvertreter werden dürfte.

Die Gesamtsumme, die der Eintracht durch die Transaktionen zufloss, belief sich auf zusammen 22 Millionen Euro. Das Geld trug dazu bei, die durch die Pandemie entstandene Schuldenlast von 80 Millionen Euro zu schultern. Holzer, darauf legte er im Zusammenhang mit seiner Demission Wert, hinterlasse einen Klub, der „in allen Bereichen gut aufgestellt“ sei. Er stellte einen neuen Rekordumsatz an, den Frankenbach demnächst verkünden werde. Die bisherige Bestmarke resultiert aus der Spielzeit 2022/23 und beläuft sich auf 310,2 Millionen Euro. Nichtsdestotrotz, so ist wenige Tage vor dem Trainingsstart der Profis am 8. Juli klar, sind auch in den nun folgenden Transferperiode Überschüsse gern gesehen; als Verkaufskandidaten gelten Omar Marmoush und Willian Pacho, für die es aus der Premier League Interessenten gibt.

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Holzer war in der Historie der Eintracht Frankfurt Fußball AG, die am 1. Juli 2000 gegründet wurde, der achte Aufsichtsratsvorsitzende. Vor ihm standen Wolfgang Steubing (1. Juli 2015 bis 28. Juli 2020), Wilhelm Bender (1. Juli 2010 bis 30. Juni 2015), Herbert Becker (1. August 2003 bis 30. Juni 2010), Jürgen Neppe (1. Januar 2003 bis 1. August 2003), Volker Sparmann (1. Januar 2002 bis 1. Januar 2003) und Reinhard Gödel (1. August 2000 bis 31. Dezember 2001) in der Verantwortung. Steubing war bei seinem Abtritt zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt worden. Eine ähnliche Würdigung ist für Holzer nicht geplant.

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